Seit drei Jahren zeichnet Benjamin Benedikter für die sportliche Karriere eines der größten deutschen Tennistalente verantwortlich, den amtierenden Deutschen U16-Meister Max Rehberg. Benedikter gehört dem Trainerteam des Bayerischen Tennis-Verbandes an, am DTB-Bundesstützpunkt Oberhaching feilt er mit Rehberg nahezu täglich an der Profikarriere. Den ersten Erfolg im Herrentennis hat Rehberg eben erst verbucht: Acht Weltranglistenpunkte beim ATP-Challenger-Turnier in Eckental. Wir sprachen mit "Benni" über Stärken und Schwächen seines Schützlings, Schwerpunkte der Trainingsplanung und Motivation in Zeiten von Corona.  Was zeichnet die Zusammenarbeit mit Max besonders? Er passt in keine Schublade und braucht die richtige Ansprache, je nach seiner momentanen Verfassung. Das ist nicht immer einfach. Andererseits ist es unglaublich spannend, weil er so talentiert ist. Max ruft im Wettkampf sein bestes Tennis ab, wenn es in die heiße Phase oder um die wichtigen Punkte zum Ende des Satzes geht. In den entscheidenden Momenten noch einmal einen Gang hochschalten - das kann ein sehr wichtiger Faktor werden, um im Profisport Fuß zu fassen. Und von den Schlägen her betrachtet - woran muss er noch arbeiten? Es gibt überall noch Luft nach oben. Seine Komfortzone ist die Grundlinie, mit seinen starken Vor- und Rückhandschlägen. Da muss er aber noch variabler werden, mal einen guten Slice einstreuen. Den Übergang nach vorne, um den Punkt mit einem Volley abzuschließen, müssen wir noch verbessern. Und vor allem Aufschlag und Return. Das wird in der nächsten Zeit unser Hauptaugenmerk. In den Herrenturnieren ist es unabdingbar, dass du viele freie Punkte über den Aufschlag generierst. Max befindet sich in der schwierigen Übergangsphase vom Juniorentennis ins Profigeschäft ... Ja, und zwar in Punkto Rangliste, Alter und Entwicklung. Was bedeutet das konkret? Wir müssen jetzt den Grundstein dafür schaffen, was mit Mitte 20 möglich ist. Wenn du jetzt nicht die Basis legst, gerade beim Aufschlag, beim ersten Ball oder beim Return, dann wird es extrem schwer. Ob man dann mit 23 oder 25 in die höheren Regionen vordringt, ist nicht mehr so entscheidend. Wie verlief der Weg ins Erwachsenentennis bisher? Max hat eine unglaubliche Leidensgeschichte hinter sich, musste 2019 mehr als ein halbes Jahr wegen einer Rückenverletzung pausieren. Er hat kein einziges Turnier gespielt, geschweige denn trainiert. War nicht sogar vom Karriereende die Rede? Genau, das darf man nicht vergessen! Und kaum war er zurück, hat er ein Jugendturnier in seinem Heimatclub Aschheim gewonnen und wenig später die Deutsche Meisterschaft der U16-Junioren. Auch Anfang dieses Jahres konnte er mit zwei Siegen auf der ITF-Juniorentour überzeugen. Dann kam Corona ... ... und die Chance auf die Teilnahme an Herren-Turnieren ... Ja, zunächst die Tannenhof Resort German Mens Series des Deutschen Tennis Bundes, in der er Kevin Krawietz besiegt und man gesehen hat, dass er mit solchen Größen mithalten kann. Und jetzt im Herbst die Challenger-Turniere in Ismaning und Eckental, wo er den ersten ATP-Sieg und acht Punkte feiern konnte. Aber das werden wir nicht überbewerten. Wir wissen, wo wir stehen und wo wir hinwollen. Mit Beginn des nächsten Jahres wird er etwa Platz 35 der ITF-Juniorenweltranglist belegen und wir planen daher die Teilnahme an den großen Junior-Grand-Slam-Turnieren, beginnend mit den Australian Open in Melbourne. Sofern die Corona-Situation dies überhaupt zulässt. Wie geht Max mit der Corona-Krise um? Ich habe den Eindruck, dass er sich umso wohler fühlt, je höher es geht. Die große Bühne ist eigentlich genau sein Ding. Deshalb nervt es ihn total, wenn er vor leeren Rängen spielt. Nach den beiden Turniersiegen im Frühjahr in Kärnten und Trinava wurden wir natürlich erst einmal ausgebremst. Aber mir ist es auch wichtig, weil er ja mit 17 Jahren ein junger Spieler ist, dass er sich nicht nur auf dem Platz entwickeln soll, sondern auch menschlich. Es trifft viele Menschen deutlich schlimmer als uns bzw. als ihn als Tennisspieler, der mal einige Monate nicht spielen darf. Ich habe zu ihm auch gesagt: Wenn einer weiß, wie man erfolgreich zurückkommen kann, dann ist es er. Und so haben wir uns dann irgendwie mental positiv aufgestellt. Wo kann die Reise hingehen? Welches Potential hat Max Rehberg? Ich hoffe, das klingt jetzt nicht überheblich oder zu hoch gegriffen, aber ich denke, dass bei ihm grundsätzlich nach oben keine Grenzen gesetzt sind. Allerdings sehe ich auch ein paar große Herausforderungen. Welche denn? Dass er beispielsweise diese Aufschlagthematik für gar nicht so wichtig erachtet. Ihm macht es nichts aus, wenn der erste Aufschlag nicht kommt und er den zweiten reinspielt. Solange er im Laufe der Rallye eine Situation hat, in der er drei-, viermal cross spielen kann, ist er zufrieden. Das gilt es zu lösen in seinem Kopf. Ihn zu überzeugen, dass er zwar von der Grundlinie mit jedem mitspielen kann, er aber noch mehr freie Punkte über den Aufschlag bekommen kann, ohne erst in die Rallyes gehen zu müssen. Auch der Sieger eines Matches macht meistens nur knapp mehr als die Hälfte der Punkte. Ihm die Zusammenhänge im Profitennis aufzuzeigen - das wird glaube ich eine der größten und schwierigsten Aufgaben in den nächste Monaten und Jahren. Die Entwicklung wird also nicht weiterhin ständig nach oben gehen? Genau, das ist natürlich ein Thema bei uns. Ich habe ihm schon oft gesagt, dass man auch einmal mit einem Plateau rechnen muss oder mit nicht ganz so erfolgreichen Turnierphasen, egal auf welchem Level. Mir ist es wichtig, dass wir trotzdem das Gefühl haben, dass er sich weiterentwickelt - ob das seine Schläge sind oder Faktoren im mentalen oder athletischen Bereich. Man kann ja nicht immer davon ausgehen, dass seine Fortschritte bei den Turnieren sofort greifen. Je besser er wird, umso hochwertiger werden die Turniere, umso enger die Matches. Rückschläge sind vorprogrammiert. Daher hoffe ich, dass wir weiterhin ruhig arbeiten können und von allen Seiten das Vertrauen geschenkt bekommen. Das DAIKIN Jungprofi-Team Mit DAIKIN in die Weltspitze Max Rehberg ist Teil des DAIKIN Jungprofi-Teams, das 2015 ins Leben gerufen wurde. Unter Leitung von Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann und TennisBase-Chefcoach Lars Uebel werden der DTB-Kader sowie die besten deutschen Jungprofis in Oberhaching zusammengezogen und mit Unterstützung von DAIKIN gezielt an die Weltspitze herangeführt. Neben Rehberg gehören derzeit Lea Aschenberger, Alen Mujakic und Ivan Melnik dem DAIKIN Jungprofi-Team an. |